Schon jetzt – noch nicht

Lebens Liturgien

Folge 209

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Wenn wir in dieser letzten Folge der Staffel mal einen Blick zurück werfen auf all die bisher gehörten Gleichnisse, fällt auf: Alle Gleichnisse, die von der Natur handeln – das Gleichnis vom stillen Wachsen der Saat zum Beispiel oder das vom Senfkorn oder das von den 100 Schafen und ihrem guten Hirten – atmen so etwas wie Frieden und gute Ordnung. Da jedoch, wo der Mensch im Mittelpunkt steht, kommt es zu dramatischen Verwicklungen und Konflikten. So auch in diesem unserem letzten Gleichnis, das ein sehr passendes Gleichnis für die Karwoche ist.

Ein Mann legte einen Weinberg an, baute eine Mauer darum, hob eine Grube aus, um den Wein darin zu keltern, und baute einen Wachturm. Dann verpachtete er den Weinberg an Bauern und zog in ein anderes Land. Zur Zeit der Weinlese schickte er einen seiner Knechte, um seinen Anteil an der Ernte einzufordern. Doch die Bauern packten den Knecht, schlugen ihn halb tot und schickten ihn mit leeren Händen zurück. Da sandte der Besitzer einen anderen Knecht, doch dem schlugen sie mit Fäusten ins Gesicht und beschimpften ihn. Den nächsten Knecht, den er schickte, brachten sie sogar um. Andere Boten, die kamen, wurden entweder halb tot geschlagen oder ermordet, bis nur noch einer übrig blieb – sein Sohn, den er über alles liebte. Den schickte der Besitzer schließlich als Letzten, weil er dachte: ›Meinen Sohn werden sie sicher nicht antasten.‹ Doch die Weinbauern sagten sich: ›Da kommt der Erbe des Gutes. Kommt, wir bringen ihn um und behalten das Land für uns!‹ Und sie fielen über ihn her, ermordeten ihn und warfen ihn zum Weinberg hinaus.

(Markus-Evangelium 12, 1-8)

In diesem Gleichnis geht es um die Geschichte eines Zusammenpralls von Gott und Mensch – und um die Niederlage Gottes. Helmut Thielicke erzählt davon in einer seiner Predigten so:

„Gottes Treue ist größer als unsere Verblendung. Und so sendet er seinen Menschen immer neue Propheten und Gottesmänner. Zuletzt sendet er seinen Sohn. Aber auch der Sohn findet weder Heimat noch gastliche Aufnahme. Stattdessen wird für ihn der Galgen auf dem Hügel Golgatha errichtet.

Ja, so ist es: Gottes Aktionen scheitern alle. Die Aufständischen behalten das Feld. Und dieses Feld ist mit Trümmern und Opfern, es ist mit dem übersät, was Gott für uns aufgewendet hat. Keine Sentimentalität und keine symbolische Verklärung sollte uns darüber hinwegtäuschen, dass das Kreuz eben auch das Zeichen der Niederlage Gottes ist – ein ragendes Zeichen, das uns zuruft: Hier ging Gott zu Grunde, hier scheiterte er, denn wer am meisten liebt ist immer der Unterlegene und muss am meisten leiden. Hier also scheitert Gott, und hier triumphiert der Mensch. Hier hat der Mensch sich die Souveränität über Gottes Erde erkämpft.“

Jesus und damit das Reich Gottes ist hier auf dieser Erde keinesfalls immer nur siegreich. Die Geschichte der Menschheit eilt seit Jesu Tod und Auferstehung keinesfalls auf immer neue Höhepunkte von Güte, Liebe und Frieden zu. Stattdessen ereignen sich Jesus und sein Reich mal hier und mal dort, mal klein und mal groß, verlieren aber immer wieder auch an Boden. Noch immer scheitern Jesus, seine Liebe und sein Reich, regelmäßig an uns Menschen.

So leben wir in einer Zwischen-Zeit: das gute Reich Gottes ist bereits angebrochen. Christus ist für und mit unseren Sünden und unserer Schuld gestorben – und auferstanden. Er ist die entscheidende Größe und Kraft. Und doch ist Gottes gutes Reich noch nicht endgültig da, sind wir umlagert von allerhand Gegen-Kräften und Mächten und Götzen, die an uns zerren und zuverlässig Dunkel hineintragen in unsere Welt und unser Herz.

Und wir mittendrin. Jeden Tag und jede Situation aufs Neue sind wir eingeladen und aufgefordert, uns auf die Seite Christi zu schlagen und so zu leben und zu beten, dass sein Reich kommt und sein Wille geschehe. So lange, bis Gott sein gutes Reich ein für allemal und endgültig aufrichtet.

Das ersehnen wir und darauf leben wir zu.

In der Stille bereite ich mich innerlich auf Karfreitag und Ostern vor.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Armut als geistlicher Reichtum

Lebens Liturgien

Folge 208

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Letzte Folge ging es darum, wer alles der Einladung Gottes zu seinem großen Festmahl nicht folgt. Heute schauen wir auf die, die stattdessen mitfeiern.

Ein Mann, der mit Jesus am Tisch saß, rief: »Glücklich sind die dran, die am Festessen im Reich Gottes teilnehmen!«
Jesus antwortete ihm mit folgendem Gleichnis: »Ein Mann bereitete ein großes Fest vor und verschickte viele Einladungen. Als alles vorbereitet war, sandte er seinen Diener aus, der den Gästen sagen sollte, dass es Zeit war, zum Fest zu kommen. Aber sie fingen alle an, Entschuldigungen vorzubringen. Einer sagte, er habe gerade ein Feld gekauft und wolle es nun begutachten; er bat, ihn deshalb zu entschuldigen. Ein anderer erklärte, dass er gerade fünf Paar Ochsen gekauft habe und sie prüfen wolle. Wieder ein anderer hatte gerade geheiratet und meinte, er könne deshalb nicht kommen. Der Diener kam zurück und berichtete seinem Herrn, was sie gesagt hatten. Da wurde der Herr zornig und sagte: ›Geh hinaus auf die Straßen und Wege der Stadt und lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen und die Blinden ein.‹ Der Diener tat, was ihm aufgetragen worden war, und berichtete dann: ›Wir haben noch Platz für weitere Gäste.‹ Da sagte sein Herr: ›Geh hinaus auf die Landstraßen und hinter die Hecken und dränge darauf, dass alle kommen, damit mein Haus voll wird. Denn keiner von denen, die ich zuerst eingeladen habe, soll auch nur das Geringste von dem bekommen, was ich für sie vorbereitet hatte.‹«

(Lukas-Evangelium 14, 15-24)

Reichtum, wichtige Alltagsgeschäfte, Konsum und Bequemlichkeit: all das sind echte Reich-Gottes-Hindernisse. Wer in guten Wohnvierteln lebt, wer gesellschaftlich anerkannt und bedeutsam ist, wer gesund ist und finanziell unabhängig, wer also viel zu verlieren hat, der scheint sich schwer zu tun mit der Einladung Gottes in ein ganz anderes Leben, in die Nachfolge Jesu, in sein gutes Reich.

Stattdessen reagieren vor allem die Menschen wach, risikobereit und zugewandt auf Jesus, die ihre eigene Verletzlichkeit und Erlösungsbedürftigkeit spüren. Es sind die Angeknacksten, die Verwundeten, die Kranken und die, die sich in eine Lebens-Sackgasse manövriert haben, die Jesu Nähe suchen und sich aufmachen: ihm hinterher.

Es sind also nicht die Bereiche unseres Lebens, in denen wir uns stark und selbstbestimmt fühlen, die uns mit Jesus und seinem guten Reich in Kontakt bringen, sondern unsere Schwachheiten, Abhängigkeiten und inneren Verletzungen – also das, was wir am liebsten vor Gott und uns selbst verstecken. Wenn wir mehr von Gottes gutem Reich, wenn wir mehr Jesus in unserem Leben haben wollen, dann führt der Weg über unsere innere Armut. Dann müssen wir unsere Bedürftigkeit, unsere Verletzungen und unsere Abgründe aus dem Versteck in unserem Inneren holen und uns mit ihnen Jesus hinhalten.

In der Stille wähle ich eine meiner Schwachheiten und nähere mich Jesus in dieser Schwachheit.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Beschäftigt

Lebens Liturgien

Folge 207

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

So, jetzt aber. Nach zwei Folgen Meditation über das wunderbare Festmahl Gottes, bekommt heute die Dringlichkeit Raum, die Jesus in sein Gleichnis vom großen Festmahl Gottes legt.

Ein Mann, der mit Jesus am Tisch saß, rief: »Glücklich sind die dran, die am Festessen im Reich Gottes teilnehmen!«
Jesus antwortete ihm mit folgendem Gleichnis: »Ein Mann bereitete ein großes Fest vor und verschickte viele Einladungen. Als alles vorbereitet war, sandte er seinen Diener aus, der den Gästen sagen sollte, dass es Zeit war, zum Fest zu kommen. Aber sie fingen alle an, Entschuldigungen vorzubringen. Einer sagte, er habe gerade ein Feld gekauft und wolle es nun begutachten; er bat, ihn deshalb zu entschuldigen. Ein anderer erklärte, dass er gerade fünf Paar Ochsen gekauft habe und sie prüfen wolle. Wieder ein anderer hatte gerade geheiratet und meinte, er könne deshalb nicht kommen. Der Diener kam zurück und berichtete seinem Herrn, was sie gesagt hatten. Da wurde der Herr zornig und sagte: ›Geh hinaus auf die Straßen und Wege der Stadt und lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen und die Blinden ein.‹ Der Diener tat, was ihm aufgetragen worden war, und berichtete dann: ›Wir haben noch Platz für weitere Gäste.‹ Da sagte sein Herr: ›Geh hinaus auf die Landstraßen und hinter die Hecken und dränge darauf, dass alle kommen, damit mein Haus voll wird. Denn keiner von denen, die ich zuerst eingeladen habe, soll auch nur das Geringste von dem bekommen, was ich für sie vorbereitet hatte.‹«

(Lukas-Evangelium 14, 15-24)

Hm. Die frohe, gelöste Stimmung vom Anfang kippt recht schnell. Und je länger Jesus erzählt, desto unwohler wird einem. Da liegt eine große Dringlichkeit über dem Ganzen. Gewiss: Gott selbst, der Gastgeber, lädt ein zu einem großen, wunderbaren Fest. Aber er erwartet auch, dass die Eingeladenen kommen. Denn es ist angerichtet, alles ist vorbereitet, das Essen steht auf dem Tisch: „Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, jetzt ist der Tag des Heils!“ (2. Korinther 6,2)

Wir müssen uns an dieser Stelle klarmachen, dass Jesus Gottes gutes Reich nicht nur angekündigt und davon erzählt hat, sondern dass Jesus Gottes Reich war und ist. Als Jesus durch die Dörfer von Galiläa und durch Jerusalem zieht, da ereignet sich Gottes gutes Reich vor den Augen aller: Blinde sehen, Lahme gehen, Sünder kehren um, Böses muss weichen und Gescheiterte finden neues Leben. Jesus ist da und mit ihm und in ihm Gott selbst. Der Tisch ist gedeckt, das Festmahl angerichtet, die Einladungen ausgesprochen.

Aber die große Mehrheit des Volkes Israel regiert nicht. Viele werfen zwar einen kurzen, neugierigen Blick auf Jesus und sein gutes Reich, leben dann ihr Leben jedoch weiter wie zuvor. Je gesellschaftlich anerkannter und je eingebundener in ihre Alltagsgeschäfte die Menschen sind, desto weniger sind sie bereit, sich auf Jesus, die menschgewordene Reich-Gottes-Einladung, einzulassen.

Als alles vorbereitet war, sandte er seinen Diener aus, der den Gästen sagen sollte, dass es Zeit war, zum Fest zu kommen. Aber sie fingen alle an, Entschuldigungen vorzubringen. Einer sagte, er habe gerade ein Feld gekauft und wolle es nun begutachten; er bat, ihn deshalb zu entschuldigen. Ein anderer erklärte, dass er gerade fünf Paar Ochsen gekauft habe und sie prüfen wolle. Wieder ein anderer hatte gerade geheiratet und meinte, er könne deshalb nicht kommen.  

Wo spüre ich, dass Gott eigentlich gerade einen nächsten Schritt mit mir gehen will – und was hält mich davon ab? In der Stille komme ich mit Gott darüber ins Gespräch.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Festgäste oder Ungeziefer

Lebens Liturgien

Folge 206

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Wir befinden uns mitten in einem fröhlichen Abendessen mit Jesus in der Runde. Über das Geklapper des Geschirrs und die Tischgespräche hinweg ruft auf einmal einer der Gäste:

»Glücklich sind die dran, die am Festessen im Reich Gottes teilnehmen!«

(Lukas-Evangelium 14,15)

Und Jesus lässt sich unterbrechen, schaut ihn an, bedeutet der Tischgemeinschaft leise zu sein und beginnt zu erzählen.

Jesus antwortete ihm mit folgendem Gleichnis: »Ein Mann bereitete ein großes Fest vor und verschickte viele Einladungen. 

(Lukas-Evangelium 14,16)

Wir pausieren hier mal, denn zu diesem Zeitpunkt passt das Gleichnis noch zur gelösten, fröhlichen Stimmung am Tisch. Jesus erzählt von einem reichen Mann, der ein großes Fest vorbereitet. Natürlich schwingen auch hier wieder die Worte aus dem Jesajabuch mit, die wir letzte Folge schon gehört haben:

„Hier auf dem Zionsberg wird es geschehen: Gott, der Allmächtige, wird alle Völker zum Fest einladen, zu einem Mahl mit feinsten Speisen und einem guten Tropfen, mit kräftigen, köstlichen Gerichten und gut gelagertem alten Wein.“ (Jesaja 25,6)

Und zu diesem Fest lädt Gott alle Völker und alle Menschen ein.

Eigentlich erstaunlich. Höchst erstaunlich. Denn dass wir Menschen ein solches Festmahl wert sind, ist nicht selbstverständlich. Es gibt auch ganz andere Einschätzungen mit Blick auf den Menschen. Nietzsche beispielsweise hat die Menschheit mal als „Ungeziefer in der Erdrinde“ bezeichnet. Das ist zugegeben eher das andere Extrem, aber nicht unbedingt weniger realistisch. Mit Blick auf all die Gewalt und die Gier, die unsere Menschheitsgeschichte durchzieht, kann man durchaus zu so einer Einschätzung kommen. Mit Blick auf die ökologischen Krisen unserer Zeit kann einem schon auch mal der Gedanke kommen, dass die Welt und Gott ohne Menschen deutlich besser dran wären.

Wenn Jesus hier von einem großen, liebevoll vorbereiteten Fest erzählt, zu dem Gott alle Menschen einlädt, wenn er Gott als Freund und Gastgeber vorstellt, als fürstlich Schenkenden und großzügigen Geber aller Gaben, dann ist das eine wundersame, staunenswerte Sache.

Ich mache mir klar: auch ich bin eingeladen. Gott meint mich – mit allem, was ich bin und in mir trage und was ich bereits angerichtet oder unterlassen habe. Ich bin eingeladen, Gottes Festgast. In der Stille lasse ich mir das durch Kopf und Herz gehen.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Festessen

Lebens Liturgien

Folge 205

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Eine der liebsten Beschäftigungen Jesu war das gemeinsame Essen mit anderen. Jesus feierte gern, genoss gutes Essen und Trinken und lebte auf diese Weise seinen Auftrag, seinen leidenschaftlichen Herzschlag aus: das Zusammensein mit Gescheiterten, Außenseitern und Sündern, um diese mit seiner barmherzigen Liebe und einer neuen Richtung, einem neuen Lebensinhalt zu beschenken: dem anbrechenden Reich Gottes.

Die Menschen, die mit ihm zusammen am Tisch saßen (bzw. lagen), haben das instinktiv gespürt. Sie haben gespürt: dieses irdische Essen, Trinken und Feiern schmeckt irgendwie himmlisch. Es schmeckt nach Worten aus Kapitel 25 des alten Jesajabuches, wo es heißt:

„Hier auf dem Zionsberg wird es geschehen: Gott, der Allmächtige, wird alle Völker zum Fest einladen, zu einem Mahl mit feinsten Speisen und einem guten Tropfen, mit kräftigen, köstlichen Gerichten und gut gelagertem alten Wein. (…) Den Tod wird er für immer verschlingen, und Gott, der Herr, wischt die Tränen von jedem Gesicht. (…) An dem Tag wird man sagen: „Da ist unser Gott! Auf ihn hatten wir unsere Hoffnung gesetzt – und wir haben nicht vergeblich gehofft. Jubeln wir! Freuen wir uns, denn er hat uns Rettung gebracht!“ (Jesaja 25, 6-9)

Aber natürlich waren diese Worte gleichzeitig zwei Nummern zu groß für das, was da am Tisch bei einem Abendessen mit Jesus geschah. Aus diesem Grund passierte bei einem dieser Essen Folgendes:

Ein Mann, der mit Jesus am Tisch saß, rief: »Glücklich sind die dran, die am Festessen im Reich Gottes teilnehmen!«

(Lukas-Evangelium 14,15)

Die Erinnerung an das in Jesaja verheißene himmlische Festessen am Ende der Zeiten ist da, mischt sich in das beglückende irdische Miteinander-Essen und weckt kräftig Sehnsucht.

»Glücklich sind die dran, die am Festessen im Reich Gottes teilnehmen!«

Wo habe ich zuletzt bereits im Hier und Jetzt einen Vorgeschmack auf das große, ungebrochene Reich Gottes am Ende aller Zeiten erlebt? In der Stille freue ich mich an diesem Vorgeschmack und lasse mir davon die Sehnsucht wecken auf die Fülle am Ende der Zeiten.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Den unberechenbaren Tod täglich vor Augen haben

Lebens Liturgien

Folge 204

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Da sagte Gott zu ihm: ‚Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man das Leben von dir fordern! Wem gehört dann alles, was du dir aufgehäuft hast?‘

(Lukas-Evangelium 12,20)

Unser Leben hat eine doppelte Dimension. Einmal die Sichtbare. Das, was hier auf Erden ist und was hier auf Erden zählt und was ich hier auf Erden brauche. Und dann die unsichtbare Dimension: unser Leben mit Gott und in Christus, in Gottes gutem Reich, das kein Ende kennt und das nach ganz anderen Regeln funktioniert als unser sichtbares Leben.

Mit dem Tod bricht unser sichtbares Leben zusammen – mitsamt allem, was wir besitzen und womit wir uns für ein Leben auf Erden ausgestattet haben. Der Tod ist der Zusammenbruch unseres irdischen Währungssystems. Im Tod stehen wir auf einmal als Bettler da: von dem, was wir für uns selbst angehäuft haben an Geld, Besitz, Erlebnissen und Ansehen, haben wir nichts, rein gar nichts mehr.

Das Einzige, was wir noch haben, ist das Geld, der Besitz, die Liebe und die Zeit, die wir verschenkt haben. Im Tod und nach dem Tod zählt nur noch das Verschenkte.

„Verkauft euren Besitz und gebt das Geld für die Armen. Macht euch Geldbeutel, die keine Löcher bekommen; legt euch einen unvergänglichen Schatz im Himmel an, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn zerfrisst.“ (Lukas 12,33) So haben wir es letzte Folge von Jesus gehört.

Diese Perspektive bleibt allerdings so lange schwach und farblos, wie wir den Tod verdrängen und abschieben: in Pflegeheime, Krankenhäuser und in unser Unterbewusstsein. In der Benediktsregel, einer Anleitung zu gelingendem klösterlichen und geistlichen Leben, lautet eine der Anweisungen an Mönche und Nonnen deshalb: „den unberechenbaren Tod täglich vor Augen haben“.

Und tatsächlich: Menschen, die todkrank sind und Angehörige, die gerade frisch einen geliebten Menschen verloren haben, spüren oft etwas von der verändernden Kraft, die von dieser Perspektive ausgeht. Die Maßstäbe, Prioritäten und Denkweisen ändern sich, wenn wir begreifen, dass wir auf den Tod zugehen (und dass dieser Tod womöglich sogar schon bald eintritt).

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90,12)

Was an meinem jetzigen Leben will ich ändern, wenn ich mit Perspektive Tod und Ewigkeit darauf schaue? In der Stille komme ich mit Gott darüber ins Gespräch.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Gegen den Reichtum

Lebens Liturgien

Folge 203

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Als evangelischer Pfarrer bewege ich mich vom Monatslohn her irgendwo im Mittelfeld des deutschen Durchschnitts-Einkommens – und damit im hinteren Bereich der Weltspitze. Mit dem, was ich besitze und verdiene, gehöre ich zu den 10 reichsten Prozent der Weltbevölkerung.

Jesus erzählt immer wieder gegen den Reichtum an. Wir hören dazu das Gleichnis Jesu vom reichen Kornbauern in seinem unmittelbaren Kontext, alles aus dem Lukasevangelium, Kapitel 12.

„Einer aus der Menge bat Jesus: »Meister, sag doch meinem Bruder, er soll das väterliche Erbe mit mir teilen!«  Jesus erwiderte: »Wer hat mich zum Richter über euch gemacht, um in solchen Dingen zu entscheiden?« Dann wandte er sich an alle und sagte: »Nehmt euch in Acht! Begehrt nicht das, was ihr nicht habt. Denn das wahre Leben wird nicht daran gemessen, wie viel wir besitzen.« Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis:

Die Felder eines reichen Mannes hatten einen guten Ertrag gebracht. Der Mann überlegte hin und her: ›Was soll ich tun? Ich weiß ja gar nicht, wohin mit meiner Ernte.‹ Schließlich sagte er: ›Ich weiß, was ich mache! Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort kann ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu mir selbst sagen: Du hast es geschafft! Du hast einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben!‹  Da sagte Gott zu ihm: ‚Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man das Leben von dir fordern! Wem gehört dann alles, was du dir aufgehäuft hast?‘ So geht es dem, der nur auf seinen Gewinn aus ist und der nicht reich ist in Gott.«

Dann wandte sich Jesus wieder an seine Jünger und fuhr fort: »Deshalb sage ich euch: Macht euch keine Sorgen um die Nahrung, die ihr zum Leben, und um die Kleidung, die ihr für euren Körper braucht. (…) Denn damit plagen sich die Menschen dieser Welt herum. Euer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht! Euch soll es zuerst und vor allem um das Reich Gottes gehen, dann wird Gott euch das andere dazugeben. Hab also keine Angst, du kleine Herde! (…) Verkauft euren Besitz und gebt das Geld für die Armen. Macht euch Geldbeutel, die keine Löcher bekommen; legt euch einen unvergänglichen Schatz im Himmel an, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn zerfrisst. Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.“

(Aus dem Lukas-Evangelium, Kapitel 12)

Es ist also … ausgesprochen schwierig mit dem Reichtum. Warum gehen Reichtum und Reich Gottes so schwierig zusammen? Ich vermute, das Problem ist Folgendes: sobald wir genug, oder sogar mehr als genug zum Leben haben, wandern unsere Aufmerksamkeit und unser Vertrauen weg von Gott, hin zu unserer scheinbar sicheren Versorgung. Die entsprechende Vaterunser-Bitte aber lautet nicht: „Unser jährliches Brot inkl Rücklagen gib uns heute“, sondern „Unser tägliches Brot gib uns heute“.

In dem unmittelbaren Angewiesensein auf Gottes Segen, Gottes Versorgung und seine Kraft ereignet sich so viel mehr Reich Gottes, als im gut abgesicherten Modus westlichen Lebens. Ohne Risiko kein wirkliches Vertrauen. Ohne Risiko keine wirkliche Notwendigkeit, dass Gott sich als Gott erweist.

Wie ist es um meine Absicherung und meinen Reichtum bestellt? Will Gott, dass ich daran etwas ändere? In der Stille komme ich mit ihm darüber ins Gespräch.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Gottes anderer Blick

Lebens Liturgien

Folge 202

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Angesichts dessen, wie Leben im Reich Gottes funktioniert und wie groß die Not vieler Mitmenschen um uns herum ist, ist das Verhalten des reichen Kornbauern erschütternd selbstbezogen. Selbst im Moment schierer Überfülle denkt und handelt er nur für sich selbst.

Interessanterweise erzählt Jesus von diesem Mann trotzdem keineswegs unsympathisch. Man spürt das Ringen dieses Mannes mit der Überfülle seiner Ernte. Er durchdenkt verschiedene Optionen und kommt schließlich zu einem sehr vernünftigen Ergebnis:

Die Felder eines reichen Mannes hatten einen guten Ertrag gebracht. Der Mann überlegte hin und her: ›Was soll ich tun? Ich weiß ja gar nicht, wohin mit meiner Ernte.‹ Schließlich sagte er: ›Ich weiß, was ich mache! Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort kann ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu mir selbst sagen: Du hast es geschafft! Du hast einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben!‹ 

(Lukas-Evangelium 12, 16-19)

Macht das, was der Mann hier vorhat, nicht Sinn? Missernten und Hungersnöte gab es damals immer wieder: mal fielen Insekten über die Felder her, mal regnete es viel zu wenig, mal wüteten Unwetter. Ein guter Landwirt muss Vorratswirtschaft betreiben. Und was ist bitte gegen das hier einzuwenden?

Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben! 

Was für ein wunderbares Motto für einen Sonntag oder für einen Urlaub!

Jesus erzählt von diesem Kornbauern also durch und durch sympathisch und nachvollziehbar. Umso abrupter und härter bricht dann plötzlich die Rede Gottes an ihn herein:

Da sagte Gott zu ihm: ‚Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man das Leben von dir fordern! Wem gehört dann alles, was du dir aufgehäuft hast?‘

(Lukas-Evangelium 12,20)

Gibt es einen Bereich in meinem Leben, der sehr nachvollziehbar und vernünftig wirkt, auf den Gott aber einen ganz anderen Blick hat? In der Stille frage ich Gott danach.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Ich, mich, meiner, mir

Lebens Liturgien

Folge 201

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Wir haben es gerade in den Worten aus der Bergpredigt gehört: im Reich Gottes leben, bedeutet sanftmütig und barmherzig zu sein, Frieden zu stiften, die Verbindung zu Gott im Gebet nicht abreißen zu lassen und: keine Reichtümer zu sammeln hier auf der Erde.

Fragt nicht: Was sollen wir essen, anziehen oder kaufen? Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

In unserem heutigen Gleichnis erzählt Jesus vom genauen Gegenteil:

Die Felder eines reichen Mannes hatten einen guten Ertrag gebracht. Der Mann überlegte hin und her: ›Was soll ich tun? Ich weiß ja gar nicht, wohin mit meiner Ernte.‹ Schließlich sagte er: ›Ich weiß, was ich mache! Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort kann ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu mir selbst sagen: Du hast es geschafft! Du hast einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben!‹ 
Da sagte Gott zu ihm: ‚Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man das Leben von dir fordern! Wem gehört dann alles, was du dir aufgehäuft hast?‘ So geht es dem, der nur auf seinen Gewinn aus ist und der nicht reich ist in Gott.

(Lukas-Evangelium 12, 16-20)

Ich bin an diesen Worten hier besonders hängen geblieben:

Der Mann überlegte hin und her: ›Was soll ich tun? Ich weiß ja gar nicht, wohin mit meiner Ernte.‹ 

Da ist also einer, der sein Glück kaum fassen kann. Der erkennt: „Ich habe mehr als genug, viel mehr als genug.“ Und er überlegt hin und her, durchdenkt die Sache von vorne bis hinten, beleuchtet sein „mehr als genug“ von allen Seiten, und kommt schließlich zu dem Ergebnis:

›Ich weiß, was ich mache! Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort kann ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu mir selbst sagen: Du hast es geschafft! Du hast einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben!‹ 

Jesus schildert uns hier einen Menschen, der völlig auf sich selbst bezogen ist. Trotz allem Überlegen, Durchdenken und Von-allen-Seiten-Beleuchten reicht sein Horizont, sein Vorstellungsvermögen und seine Liebe nur für sich selbst. Er sieht nur sich selbst, redet nur mit sich selbst, handelt nur für sich selbst – und das angesichts eines riesigen Geschenks. Die überreiche Ernte will ihm eigentlich Anlass sein, ein Kairos, über sich selbst hinauszudenken, hinauszufragen – in Richtung Gott genauso wie in Richtung Mitmenschen. In Richtung Reich Gottes eben. Stattdessen: das hier:

Der Mann überlegte hin und her: ›Was soll ich tun? Ich weiß ja gar nicht, wohin mit meiner Ernte.‹ Schließlich sagte er: ›Ich weiß, was ich mache! Ich reiße meine Scheunen ab und baue größere. Dort kann ich mein ganzes Getreide und alle meine Vorräte unterbringen. Dann werde ich zu mir selbst sagen: Du hast es geschafft! Du hast einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und genieße das Leben!‹ 

Wovon habe ich mehr als genug? Und mit wem will ich es teilen? In der Stille denke ich gemeinsam mit Gott darüber nach.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Wach bleiben! Weiterhoffen!

Lebens Liturgien

Folge 200

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Es gibt gleich mehrere Gleichnisse, in denen Jesus zu einer inneren Haltung der Wachsamkeit aufruft. Einige dieser Gleichnisse haben einen eher bedrohlichen Unterton, in ihnen hören wir die warnende Stimme: „Wehe, wenn Ihr den richtigen Zeitpunkt verpasst! Wehe, wenn Ihr einschlaft! Wehe, wenn Ihr faul werdet oder Euch gehen lasst!“

In diesem Gleichnis hier lockt Jesus viel stärker als dass er warnt:

Haltet euch bereit und sorgt dafür, dass eure Lampen brennen! Seid wie Diener, deren Herr auf einem Fest ist und die auf seine Rückkehr warten, damit sie ihm sofort aufmachen können, wenn er kommt und an die Tür klopft. Glücklich zu preisen sind die Diener, die der Herr wach und bereit findet, wenn er kommt. Ich sage euch: Er wird sich einen Schurz umbinden und sie zu Tisch bitten, und er selbst wird sie bedienen. Vielleicht kommt er spät in der Nacht oder sogar erst gegen Morgen. Wenn er sie dann bereit findet – wie glücklich sind sie da zu preisen!

(Lukas-Evangelium 12, 35-38)

Jesus erzählt dieses Gleichnis einem vielfach müde gewordenen, erschöpften jüdischen Volk. Das Volk Israel hatte über Jahrhunderte einen Messias herbeigesehnt und herbeigewartet. Aber nie war er gekommen, der Messias. Nie war das von Gott versprochene Friedensreich, der von Gott versprochene Friedenskönig gekommen. Stattdessen beherrschten seit vielen Jahren die heidnischen Römer das eigene Land und machten mit Land und Leuten, was sie wollten. Wieder kein Friedensreich, wieder kein Friedenskönig, wieder kein Messias.

Bis zu dem Moment, als Jesus aus der Verborgenheit seiner ersten dreißig Lebensjahre hervortritt und predigend und heilend durch das ländliche Galiläa zieht. Jesus tut das auf ausgesprochen bemerkenswerte Weise, aber zugleich nicht unbedingt so überzeugend, so gewaltig und groß, wie von vielen erwartet. Ist er der Messias oder ist er es nicht? Kommt mit Jesus das große Friedensreich Gottes auf die Erde – oder ist es wieder mal nur ein Fehlalarm, wie schon so viele Male vorher. Macht es wirklich Sinn, bei diesem Jesus ganz wach und genau hinzuschauen und hinzuhören und hinzuhoffen? Oder ist es nicht sinnvoller, in einen erschöpften Dämmerzustand zu wechseln, alles große Hoffen ein für allemal einzustellen und sich damit abzufinden, dass Leben hier auf dieser Erde im Großen und Ganzen eine Enttäuschung ist?

Haltet euch bereit und sorgt dafür, dass eure Lampen brennen! Seid wie Diener, deren Herr auf einem Fest ist und die auf seine Rückkehr warten, damit sie ihm sofort aufmachen können, wenn er kommt und an die Tür klopft. Glücklich zu preisen sind die Diener, die der Herr wach und bereit findet, wenn er kommt. Ich sage euch: Er wird sich einen Schurz umbinden und sie zu Tisch bitten, und er selbst wird sie bedienen. Vielleicht kommt er spät in der Nacht oder sogar erst gegen Morgen. Wenn er sie dann bereit findet – wie glücklich sind sie da zu preisen!

(Lukas-Evangelium 12, 35-38)

Wo in meinem Leben habe ich mich müde gehofft? Wo stehe ich im Begriff, die Hoffnung auf Jesu Kommen und Eingreifen aufzugeben? In der Stille komme ich mit Jesus darüber ins Gespräch.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.