Der Vater

Lebens Liturgien

Folge 199

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Zu Beginn der Erzählung Jesu vom verlorenen Sohn liegt der Fokus ganz auf dem jüngeren Sohn. Der Sohn fordert vorzeitig sein Erbe, der Sohn reist in ein fernes Land, der Sohn lebt eine Weile in Saus und Braus, der Sohn gerät in finanzielle Not und hütet die Schweine, der Sohn nimmt sich vor, nach Hause zurückzukehren. Dann aber wechselt die Perspektive und wir sehen vor allem den Vater:

So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch weit entfernt, als der Vater ihn kommen sah. Das bewegte sein Herz, er lief seinem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. (…) Und er befahl seinen Dienern: ‚Bringt schnell das beste Gewand heraus und zieht es ihm an! Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm ein Paar Sandalen! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen.“.

(Lukas-Evangelium 15, 20-23)

„Er war noch weit entfernt, als der Vater ihn kommen sah …“ Schon hier geht die Initiative komplett auf den Vater über. Es wird deutlich: der Vater hat aktiv auf den Sohn gewartet, hat ihn herbeigesehnt, hat ihn mit seiner Sehnsucht herbeigezogen. Und als er ihn sieht, läuft der Vater seinem Sohn entgegen. Er umarmt und küsst ihn, noch bevor der Sohn eine einzige Silbe seines Schuldeingeständnisses vorbringen kann. Und als es dann soweit ist, als der Sohn zu einer Entschuldigung ansetzt, unterbricht ihn der Vater: seine Wiedersehensfreude drängt alle Schuld und allen Schmerz zur Seite. Mit der Umarmung verhindert der Vater, dass der Sohn vor ihm niederfällt. Mit dem Kuss und dem Siegelring ehrt er seinen Sohn und nimmt ihn wieder in die Familie auf. Und mit dem Festgewand und dem Schlachten des Mastkalbs macht der Vater den Auftakt für ein gewaltiges Wiedersehens-Fest.

So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch weit entfernt, als der Vater ihn kommen sah. Das bewegte sein Herz, er lief seinem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. (…) Und er befahl seinen Dienern: ‚Bringt schnell das beste Gewand heraus und zieht es ihm an! Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm ein Paar Sandalen! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen.“

Wo habe ich in meinem Leben die Initiative Gottes, des Vaters, erlebt? Dass Gott auf mich wartet, meine Aufmerksamkeit herbeisehnt und herbeizieht, mich mit weit ausgebreiteten Armen willkommen heißt und mich in seine Liebe einhüllt? Wenn ich mich an nichts dergleichen erinnern kann, dann bete ich, dass Gott mir diese Erfahrung schenkt.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Vom Aufbrechen

Lebens Liturgien

Folge 198

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Jesus fuhr fort: „Ein Mann hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte zu seinem Vater: ‚Ich möchte schon jetzt den Teil der Erbschaft haben, der mir zusteht.‘ Da teilte der Vater seinen Besitz unter seine Söhne auf. Wenige Tage später hatte der Jüngere seinen ganzen Anteil zu Geld gemacht und reiste in ein fernes Land.

(Lukas-Evangelium 15,11-13)

Jesus erzählt von einem starken Impuls, von einer starken Sehnsucht des Aufbrechens. Der Sohn will endlich mal raus, etwas anderes erleben, vielleicht auch jemand anderes sein. Ein anderes Leben leben als das eigene und bekannte. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man leben kann, so viele mögliche Leben. Und mit jedem Tag, der vergeht, verstreicht eine weitere Chance, anders zu leben, etwas Neues auszuprobieren, an einem anderen Ort zu leben.

Ist das ein falscher Impuls? Ereignet sich das Reich Gottes vor allem im Bleiben? Indem wir bleiben, wer wir sind und wo wir sind?

Ich denke, dass wir zwischen geistlicher Sehnsucht und ungeistlicher Begierde unterscheiden müssen, zwischen einem leisen, aber pulsierenden Ruf Gottes zum Aufbruch und einer Angst, etwas zu verpassen.

Selbstverständlich gehört zu einem Leben im Reich Gottes das Aufbrechen. Wir haben hier auf dieser Erde keine bleibende Stadt. Gott hat Abraham auf eine Reise ins Ungewisse geschickt und Jesus hat seine Jünger ausgesandt in alle Welt. Es kann sehr gut sein, dass wir in unserem Herzen eine Sehnsucht zum Aufbruch und zur Beweglichkeit spüren, die Gott selbst in unser Herz gelegt hat. Es kann sehr gut sein, dass Gott will, dass wir uns noch einmal verändern, etwas ganz Neues angehen, aufbrechen ins Unbekannte – im Vertrauen auf Gott.

Es gibt aber, wie beim verlorenen Sohn, auch ein falsches Aufbrechen, das eher ein Ausbrechen ist. Es ist getrieben von Begierde, Haben-Wollen und der Angst, etwas zu verpassen. Der Angst, irgendetwas auf dieser Erde nicht erlebt zu haben, an irgendeinem Genuss oder irgendeiner aufregenden Erfahrung vorbeigegangen zu sein. Dieses Aufbrechen ist getrieben von einem dunklen, unruhigen, begierigen Pochen im Herzen und lässt den Blick eng werden: wer so aufbricht, sieht nur sich selbst, sein eigenes Wollen.

Das andere, das geistliche Aufbrechen ist umgeben und getragen von Früchten des Geistes: Geduld, Glaube, Liebe, Freude, Frieden, Selbstbeherrschung. Es wartet auf den richtigen Moment und geht dann los, den Blick des Herzens beständig auf Gott gerichtet.

Jesus fuhr fort: „Ein Mann hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte zu seinem Vater: ‚Ich möchte schon jetzt den Teil der Erbschaft haben, der mir zusteht.‘ Da teilte der Vater seinen Besitz unter seine Söhne auf. Wenige Tage später hatte der Jüngere seinen ganzen Anteil zu Geld gemacht und reiste in ein fernes Land.“

(Lukas-Evangelium 15,11-13)

In der Stille spüre ich meinen eigenen Impulsen zum Aufbrechen nach: gibt es so eine Sehnsucht in mir? Wieviel göttliche, heilige Sehnsucht steckt darin?

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Geliebte Söhne und Töchter

Lebens Liturgien

Folge 197

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

In den letzten beiden Folgen haben wir uns von Jesus aufzeigen lassen, wo wir uns und andere allzu sehr über Leistung definieren, wo wir uns eine falsche, letztlich nicht tragfähige Leistungs-Identität zugelegt haben. In dieser Folge hören Auszüge aus Jesu längstem Gleichnis, in dem Jesus uns von unserer wahren Identität erzählt.

Jesus fuhr fort: „Ein Mann hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte zu seinem Vater: ‚Ich möchte schon jetzt den Teil der Erbschaft haben, der mir zusteht.‘ Da teilte der Vater seinen Besitz unter seine Söhne auf. Wenige Tage später hatte der Jüngere seinen ganzen Anteil zu Geld gemacht und reiste in ein fernes Land. Dort lebte er in Saus und Braus und vergeudete sein ganzes Vermögen. (…)    
Schließlich kam er zur Besinnung. ‚Ich will mich aufraffen und zu meinem Vater gehen‘, sagte er sich. ‚Dann werde ich ihm sagen: Vater, ich habe mich versündigt gegen den Himmel und auch gegen dich. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Mach mich doch zu einem deiner Tagelöhner!‘ So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch weit entfernt, als der Vater ihn kommen sah. Das bewegte sein Herz, er lief seinem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. (…) Und er befahl seinen Dienern: ‚Bringt schnell das beste Gewand heraus und zieht es ihm an! Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm ein Paar Sandalen! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen.“

(Lukas-Evangelium 15,11ff.)

Während Jesus uns im Gleichnis vom Sklaven davon erzählt, was unsere Identität auf keinen Fall ausmachen sollte (nämlich Arbeit und Leistung), erzählt Jesus hier davon, wer wir wirklich sind und was wir immer bleiben: geliebte Söhne und Töchter Gottes. Und zwar völlig leistungsunabhängig. Egal ob wir wie der zweite Sohn tagein tagaus auf dem Hof des Vaters arbeiten und leisten, oder wie der erste Sohn unser Leben ausschließlich nach dem Lustprinzip leben – und dadurch gegen die Wand fahren. Wir sind und bleiben geliebte Söhne und Töchter Gottes.

Jesus fuhr fort: „Ein Mann hatte zwei Söhne. Der Jüngere sagte zu seinem Vater: ‚Ich möchte schon jetzt den Teil der Erbschaft haben, der mir zusteht.‘ Da teilte der Vater seinen Besitz unter seine Söhne auf. Wenige Tage später hatte der Jüngere seinen ganzen Anteil zu Geld gemacht und reiste in ein fernes Land. Dort lebte er in Saus und Braus und vergeudete sein ganzes Vermögen. (…)    
Schließlich kam er zur Besinnung. ‚Ich will mich aufraffen und zu meinem Vater gehen‘, sagte er sich. ‚Dann werde ich ihm sagen: Vater, ich habe mich versündigt gegen den Himmel und auch gegen dich. Ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Mach mich doch zu einem deiner Tagelöhner!‘ So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater. Er war noch weit entfernt, als der Vater ihn kommen sah. Das bewegte sein Herz, er lief seinem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. (…) Und er befahl seinen Dienern: ‚Bringt schnell das beste Gewand heraus und zieht es ihm an! Steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm ein Paar Sandalen! Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen.“

(Lukas-Evangelium 15,11ff.)

In der Stille spüre ich der Liebe und Großzügigkeit nach, mit der mein himmlischer Vater mich ansieht und begleitet.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Identität über Leistung?

Lebens Liturgien

Folge 196

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Innerlich klingt noch die Frage aus letzter Folge nach, ob Jesus wohl in diesem Gleichnis hier – entgegen allem äußeren Anschein – nicht etwas Befreiendes erzählt hat:

Wenn einer von euch einen Sklaven hat und dieser vom Pflügen oder Schafehüten zurückkommt, wird er ihm vielleicht sagen: ‚Komm gleich zum Essen!‘? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: ‚Mach das Abendessen fertig, binde dir eine Schürze um und bediene mich am Tisch! Wenn ich fertig bin, kannst auch du essen und trinken!‘? Und bedankt er sich etwa bei seinem Sklaven, dass er das Befohlene getan hat? So soll es auch bei euch sein. Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sagt: ‚Wir sind Sklaven, weiter nichts. Wir haben nur unsere Pflicht getan.‘

(Lukas-Evangelium 17, 7-10)

Ich meine, dass in diesen harten Worten Jesu tatsächlich auch etwas Befreiendes, Heilsames steckt. Wir neigen nämlich alle dazu, uns über das zu definieren, was wir tun. Meist unbewusst versuchen wir, uns über unser Handeln eine Identität zu verschaffen. Wir sind, was wir leisten, was wir wegschaffen, was wir erreichen. Wenn wir uns anderen vorstellen, versuchen wir meist, möglichst frühzeitig auch etwas von dem einfließen zu lassen, was wir beruflich tun oder was wir sonst so an Außergewöhnlichem leisten. Wir wollen, dass die Menschen um uns herum das sehen und wertschätzen: uns mit Anerkennung und Wertschätzung für das belohnen, was wir tun und erreicht haben. Wir sind, was wir leisten.

Das Dumme ist: eine solch leistungsorientierte Identität trägt nicht – zumindest nicht auf Dauer. Denn niemand ist immer kraftvoll und immer erfolgreich. Jeder Mensch muss – früher oder später – durch Krisen hindurch. Und gerade dann, wenn wir eine gesunde, stabile Identität am meisten bräuchten, greift und trägt sie dann nicht, die leistungsorientierte Identität. Das ist der eine große Makel.

Der andere große Makel ist: wer sich selbst über Leistung definiert, tut das auch bei anderen, der definiert auch andere über Leistung. Der bewertet auch andere danach, ob und wie sehr sie erfolgreich sind. Aber werden wir den Menschen um uns herum gerecht, wenn wir sie auf diese Weise beurteilen? Erfassen wir wirklich den Kern und das Herz des Anderen, wenn wir vor allem auf dessen sichtbare Leistungen schauen?

Natürlich nicht! Sinn und Ziel unseres Lebens ist nicht Leistung, sondern Liebe. Aus diesem Grund geht Jesus hier so scharf gegen den Leistungs-Stolz vor, er will uns mit seinen harten Worten die Lust nehmen, uns und andere über Leistung zu definieren.

So soll es auch bei euch sein. Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sagt: ‚Wir sind Sklaven, weiter nichts. Wir haben nur unsere Pflicht getan.‘

Jesus benutzt diese Worte wie ein Arzt das Skalpell, um Ungutes aus unserem Leben herauszuschneiden.

Wo in meinem Leben definiere ich mich und andere über Leistung? In der Stille schaue ich mit Gott auf mein Leben und bitte ihn, mir meine falschen inneren Blicke und Werturteile zu zeigen.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Sklavenpflicht

Lebens Liturgien

Folge 195

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Heute hören wir das vielleicht unbekannteste, bewegendste und härteste Gleichnis Jesu. Bereit? Dann los:

Wenn einer von euch einen Sklaven hat und dieser vom Pflügen oder Schafehüten zurückkommt, wird er ihm vielleicht sagen: ‚Komm gleich zum Essen!‘? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: ‚Mach das Abendessen fertig, binde dir eine Schürze um und bediene mich am Tisch! Wenn ich fertig bin, kannst auch du essen und trinken!‘? Und bedankt er sich etwa bei seinem Sklaven, dass er das Befohlene getan hat? So soll es auch bei euch sein. Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sagt: ‚Wir sind Sklaven, weiter nichts. Wir haben nur unsere Pflicht getan.‘

(Lukas-Evangelium 17, 7-10)

Jesus erzählt hier von eher ärmlichen reichen Verhältnissen, wo ein Mann nur einen einzigen Sklaven besitzt, der schwer arbeiten und die verschiedensten Dienste verrichten muss: Vieh hüten, das Feld bestellen, das Haus in Ordnung halten und für das Essen sorgen. Lohn gibt es keinen, lediglich Essen und ein Dach über dem Kopf. Auch eigene Rechte, eine eigene Identität, eine eigene Würde gibt es nicht für den Sklaven. Sein Leben besteht einzig und allein aus Arbeit und Dienst und darin, der Sklave von seinem Herrn zu sein.  Für einen solchen Sklaven war es komplett unvorstellbar, sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse irgendwo oder irgendwann in den Mittelpunkt zu rücken.

Wieso erzählt Jesus hier eine so grausame, unterdrückerische Wirklichkeit – und setzt diese dann auch noch zum Vorbild für uns und unsere Beziehung zu Gott?

So soll es auch bei euch sein. Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sagt: ‚Wir sind Sklaven, weiter nichts. Wir haben nur unsere Pflicht getan.‘

Gott sei Dank hat Jesus auch noch andere Gleichnisse erzählt. Einige Kapitel vorher im Lukasevangelium erzählt Jesus zum Beispiel ein Gleichnis, in dem wir als Diener und Sklaven völlig überraschend gewürdigt und bedient werden:

Seid wie Diener, deren Herr auf einem Fest ist und die auf seine Rückkehr warten, damit sie ihm sofort aufmachen können, wenn er kommt und an die Tür klopft. Glücklich zu preisen sind die Diener, die der Herr wach und bereit findet, wenn er kommt. Ich sage euch: Er wird sich einen Schurz umbinden und sie zu Tisch bitten, und er selbst wird sie bedienen.

(Lukas-Evangelium 12,36f.)

Und dann gibt es ja noch das Gleichnis vom verlorenen Sohn, wo wir nicht mehr als Knechte, sondern als Söhne und Töchter angesprochen werden (wir werden in den kommenden Folgen noch davon hören). Und dann gibt es ja noch die Stelle im Johannesevangelium, wo Jesus uns zuruft: „Ich nenne Euch Freunde und nicht mehr Diener!“ (Johannes 15,15)

In Gottes gutem Reich geht es also um Befreiung, nicht um Versklavung. Ist es möglich, dass Jesus in diesem Gleichnis etwas Befreiendes versteckt? Ich höre die Worte des Gleichnisses noch einmal ganz aufmerksam und versuche, mir von Jesus darin etwas Befreiendes zeigen zu lassen.

Wenn einer von euch einen Sklaven hat und dieser vom Pflügen oder Schafehüten zurückkommt, wird er ihm vielleicht sagen: ‚Komm gleich zum Essen!‘? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: ‚Mach das Abendessen fertig, binde dir eine Schürze um und bediene mich am Tisch! Wenn ich fertig bin, kannst auch du essen und trinken!‘? Und bedankt er sich etwa bei seinem Sklaven, dass er das Befohlene getan hat? So soll es auch bei euch sein. Wenn ihr alles getan habt, was euch aufgetragen war, dann sagt: ‚Wir sind Sklaven, weiter nichts. Wir haben nur unsere Pflicht getan.‘

(Lukas-Evangelium 17, 7-10)

In der Stille komme ich mit Jesus darüber ins Gespräch, ob ich in diesem Gleichnis etwas Befreiendes entdecken kann.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Schnell???

Lebens Liturgien

Folge 194

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Jesus wollte seinen Jüngern zeigen, dass sie unablässig beten sollten, ohne sich entmutigen zu lassen. Deshalb erzählte er ihnen folgendes Gleichnis: »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe. Sie kam immer wieder zu dem Richter und bat ihn: ›Verhilf mir in der Auseinandersetzung mit meinem Gegner zu meinem Recht!‹ Lange Zeit wollte der Richter nicht darauf eingehen, doch dann sagte er sich: ›Ich fürchte Gott zwar nicht, und was die Menschen denken, ist mir gleichgültig; aber diese Witwe wird mir so lästig, dass ich ihr zu ihrem Recht verhelfen will. Sonst bringt sie mich mit ihrem ständigen Kommen noch zur Verzweiflung.‹

(Lukas-Evangelium 18, 1-5)

Soweit hatten wir es ja, dieses Gleichnis. Was noch fehlt, ist die anschließende Auslegung Jesu. Und die verwirrt mich ehrlich gesagt gegen Ende ein wenig.

Jesus fuhr fort: „Habt ihr darauf geachtet, was dieser Richter sagt, dem es überhaupt nicht um Gerechtigkeit geht? Sollte da Gott nicht erst recht dafür sorgen, dass seine Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, zu ihrem Recht kommen? Und wird er sie etwa warten lassen? Ich sage euch: Er wird dafür sorgen, dass sie schnell zu ihrem Recht kommen.“

(Lukas-Evangelium 18, 6-8)

Warum endet Jesus mit diesen seltsamen Worten?

Sollte da Gott nicht erst recht dafür sorgen, dass seine Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm rufen, zu ihrem Recht kommen? Und wird er sie etwa warten lassen? Ich sage euch: Er wird dafür sorgen, dass sie schnell zu ihrem Recht kommen.“

„… dass sie schnell zu ihrem Recht kommen … schnell …“. Das eine, was mich irritiert, ist, dass diese Worte Jesu der eigentlichen Aussage seines Gleichnisses direkt entgegenzustehen scheinen. In Jesu Gleichnis geht es schließlich nicht um schnelle Erfüllung, sondern exakt um das Gegenteil, um Geduld, Durchhalten und Hartnäckigkeit.

Das Zweite, was mich irritiert, ist: wenn Gott tatsächlich ach so schnell auf die Bitten seiner Auserwählten reagiert, warum müssen wir dann manchmal so unerträglich lange warten?

Ich muss ehrlich zugeben: Ich verstehe es nicht. Der Schluss verwirrt mich. Vielleicht hat das ja mit dem zu tun, dass tausend Jahre vor Gott wie der Tag sind, des gestern vergangen ist. Gott hätte demnach ein anderes Verständnis von „schnell“ als wir 🙂     

Vielleicht hat es aber auch mit dem hier zu tun: im Jakobusbrief heißt es mit Blick auf das angeblich „nahe“ Wiederkommen Jesu: So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.“ (Jak 5,7f.)  
Der Bauer wartet also sehnlich auf die Ernte, weiß aber, dass sie erst ausreichend Zeit, Sonnenschein und Regen braucht, bis sie wirklich reif ist. Darum übt er sich in Geduld. Und nicht nur die Ernte, auch wir Menschen brauchen Zeit und andere Einflüsse, um zu reifen. Es scheint, als ob das Prinzip des allmählichen Wachstums auch für die geistliche Welt gilt. Auch in der geistlichen Welt kann es viel Zeit und Gebete brauchen, bis die „Ernte“, bis die Gebetserhörung endlich „reif“ ist. Ich verstehe die Worte Jesu von der Schnelligkeit des Handelns Gottes so, Gott uns die Gebetserhörung tatsächlich so schnell wie möglich zukommen lässt, sobald sie reif ist.

In der Stille übe ich mich in dem Vertrauen, dass dies auch auf mein Gebetsanliegen zutrifft, bei dem ich mich entschieden habe, damit bei Gott besonders hartnäckig zu sein.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Hartnäckig, die Zweite

Lebens Liturgien

Folge 193

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Wir bleiben noch eine kleine Weile beim Gleichnis Jesu vom Richter und der Witwe:

Jesus wollte seinen Jüngern zeigen, dass sie unablässig beten sollten, ohne sich entmutigen zu lassen. Deshalb erzählte er ihnen folgendes Gleichnis: »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe. Sie kam immer wieder zu dem Richter und bat ihn: ›Verhilf mir in der Auseinandersetzung mit meinem Gegner zu meinem Recht!‹ Lange Zeit wollte der Richter nicht darauf eingehen, doch dann sagte er sich: ›Ich fürchte Gott zwar nicht, und was die Menschen denken, ist mir gleichgültig; aber diese Witwe wird mir so lästig, dass ich ihr zu ihrem Recht verhelfen will. Sonst bringt sie mich mit ihrem ständigen Kommen noch zur Verzweiflung.‹

(Lukas-Evangelium 18,1-5)

„Sonst bringt sie mich mit ihrem ständigen Kommen noch zur Verzweiflung.“ Diese Übersetzung ist fast ein wenig geglättet. Ganz wörtlich übersetzt erzählt Jesus den inneren Monolog des Richters nämlich so: „Wenn ich auch Gott nicht fürchte und vor keinem Menschen mich scheue, so will ich doch, weil diese Witwe mir Mühe macht, ihr Recht verschaffen, damit sie nicht am Ende kommt und mir ins Gesicht schlägt.“ Das griechische Wort für „Ins Gesicht schlagen“ oder auch „unter die Augen hauen“ stammt aus der Boxersprache und lässt vor dem inneren Auge die Szene entstehen, wie eine unbedeutende, schwache Witwe öffentlich auf der Straße einem skrupellosen Richter eine reinhaut. Bäm!

Mit diesem Schluss kommt in das Gleichnis eine gute Portion Komik hinein – die Zuschauer werden mit Sicherheit geschmunzelt, manche sogar schallend gelacht haben. Durch diese Komik schafft Jesus eine Distanz zu dem Gleichnis, die dazu dient, den Richter keinesfalls mit Gott zu verwechseln. Was hängenbleibt und mitgeht, ist die wunderbar dreiste, einfach nicht nachlassende Hartnäckigkeit der Witwe als Vorbild für unser Beten.

Jesus ruft uns also zu: „Bete! Ausdauernd! Wieder und wieder! Glaub nicht, dass es mit einem kurzen Gebet alleine bereits getan ist. Beten heißt häufig: dicke Bretter bohren. Einen langen Atem haben. Hartnäckig sein. Gott in den Ohren liegen. Nicht lockerlassen. So lange immer wieder bei Gott aufkreuzen, bis er das Gebet erhört hat.

In der Stille tue ich das und kreuze wieder einmal mit dem Anliegen vor Gott auf, von dem ich mir letzte Folge vorgenommen habe, besonders hartnäckig zu sein.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Hartnäckig beten

Lebens Liturgien

Folge 192

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Wie in den letzten beiden Folgen gehört, ist Gebet im Reich Gottes eine wesentliche Art und Weise, wie wir Reich-Gottes-Wirklichkeit gestalten können. Ein Weg, wie Gutes von Gott her Gestalt annimmt und sich entfaltet in unserer Welt.

Leider ist es mit einmaligem Gebet oft nicht getan. Um dies zu verdeutlichen, erzählt Jesus einmal mehr ein Gleichnis:

Jesus wollte seinen Jüngern zeigen, dass sie unablässig beten sollten, ohne sich entmutigen zu lassen. Deshalb erzählte er ihnen folgendes Gleichnis: »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe.

(Lukas-Evangelium 18,1f.)

Jesus entwirft eine Geschichte von zwei Kontrahenten. Auf der einen Seite steht ein einflussreicher, bestechlicher, skrupelloser Richter, auf der anderen Seite eine Witwe. Verwitwete Frauen gab es zur Zeit Jesu viele, die meisten von ihnen hatten nach dem Tod ihres Mannes weder genügend Geld, noch ein soziales Netz, noch gesellschaftliche Fürsprecher. Vor Gericht galten sie als so unbedeutend, dass sie in eigener Person nicht einmal auftauchen durften. Entsprechend oft wurden Witwen vor Gericht benachteiligt und entsprechend chancenlos scheint die Ausgangslage für die Witwe in dem Gleichnis Jesu. Doch eine einzige Sache macht den Unterschied und wendet das Blatt zugunsten der Witwe: ihre Hartnäckigkeit.

Sie kam immer wieder zu dem Richter und bat ihn: ›Verhilf mir in der Auseinandersetzung mit meinem Gegner zu meinem Recht!‹ Lange Zeit wollte der Richter nicht darauf eingehen, doch dann sagte er sich: ›Ich fürchte Gott zwar nicht, und was die Menschen denken, ist mir gleichgültig; aber diese Witwe wird mir so lästig, dass ich ihr zu ihrem Recht verhelfen will. Sonst bringt sie mich mit ihrem ständigen Kommen noch zur Verzweiflung.‹

(Lukas-Evangelium 18,3-5)

Allein die Hartnäckigkeit macht den Unterschied.

In der Stille komme ich mit Gott über mein vorhandenes oder nicht vorhandenes Talent zur Hartnäckigkeit ins Gespräch und nehme mir ein Gebetsanliegen vor, mit dem ich vor Gott immer wieder auftauchen will.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Beten – warum eigentlich?

Lebens Liturgien

Folge 191

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Gott gibt gerne, haben wir letzte Folge gehört. Aber er will auch gebeten sein:

Bittet, und Gott wird euch geben; sucht, und er lässt euch finden; klopft an, und er öffnet die Tür! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.

(Matthäus-Evangelium 7, 7f.)

Warum eigentlich? Warum spielt das Bitten eine solch große Rolle? Weiß Gott nicht bereits vorher und vermutlich viel besser, was wir wirklich brauchen? Warum brauchen Gott, Welt und Reich Gottes ausgerechnet unser Gebet?

C. S. Lewis hat seine Antwort so formuliert:

„Wenn Gott wollte, könnte er unseren Leib auch ohne Nahrung erneuern oder uns ohne die Hilfe der Gelehrten lehren oder die Heiden ohne Missionare bekehren. Stattdessen aber erlaubt Gott den Böden, dem Wetter, den Tieren, den Muskeln, dem Geist und dem Willen des Menschen, bei der Ausführung seines Willens mitzuwirken.“

(C. S. Lewis)

C.S. Lewis lenkt unseren Blick also auf die sichtbare Schöpfung Gottes. Dort ist es so, dass Vieles unser Mittun braucht. Vom Zähneputzen über die Landwirtschaft oder den Hausbau bis hin zur Regierung eines Landes gilt: wenn wir Menschen es nicht tun, passiert entweder nichts oder viel Ungutes. Gott wäre durchaus in der Lage, all dies für uns zu tun. Aber er tritt einen Teil seiner Kreativität, seiner Verantwortung und seiner Schöpferkraft an uns ab. Er erschafft uns „zu seinem Bilde“ und legt etwas von seiner göttlichen Würde und von seinen göttlichen Möglichkeiten in unsere zerbrechlichen, nicht immer besonders gut funktionierenden Hände. Blaise Pascal spricht hier von der „Würde der Ursächlichkeit“: Gott hat uns Menschen die Möglichkeit geschenkt, Dinge initiieren zu können.

„Nichts scheint Gott selbst zu tun, was er irgendwie seinen Geschöpfen übertragen kann. Er befiehlt uns, langsam und stümperhaft das zu tun, was er vollkommen und in einem Augenblick tun könnte. Wir sind niemals bloße Empfänger oder Zuschauer, sondern sind gezwungen, an der Arbeit mitzuwirken beziehungsweise genießen das Vorrecht, im Spiel mitzutun.“

(C. S. Lewis)

Gott hat also nicht nur die sichtbare Welt so eingerichtet, dass wir Menschen darin etwas bewirken können und sollen; Gott hat auch die unsichtbare Welt so eingerichtet, dass wir Menschen darin etwas bewirken können und sollen. Wenn Jesus uns also aufträgt zu beten „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe“, dann ist dieses Gebet nicht etwa heimlich sinnlos (weil Gottes Reich eh kommt und sich durchsetzt), sondern Gott braucht dieses unser Gebet, damit sein Reich auch wirklich kommt und sein Wille auch wirklich geschieht.

In der Stille trete ich vor Gott für eine Sache ein, bei der ich mir sicher bin, dass er sie will. Ich bete mit Blick auf diese Sache: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe.“

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Der gute Vater

Lebens Liturgien

Folge 190

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Gebet ist ein unabdingbarer Bestandteil von Gottes gutem Reich. Zum einen ist Gebet Beziehung, Intimität: „Geh in dein Zimmer und schließ die Tür, denn dort im Verborgenen ist Gott ganz gegenwärtig“, empfiehlt Jesus deshalb. Jesus selbst hat sich regelmäßig zu dieser Form der Gemeinschaft mit Gott zurückgezogen und Gott dort mit „Abba“, Papa, himmlischer Vater angeredet. Jesus hatte eine solche Innigkeit mit Gott, dass er sagen konnte: „Ich und der Vater sind eins.“ Gebet ist also zum einen Beziehung. Das Reich Gottes ereignet sich in der innigen Beziehung und Begegnung mit Gott.

Zugleich ist Gebet eine wesentliche Weise des Handelns in Gottes gutem Reich, ein Weg, wie Gutes von Gott her Gestalt annimmt und sich entfaltet. Aus diesem Grund sagt Jesus:

Bittet, und Gott wird euch geben; sucht, und er lässt euch finden; klopft an, und er öffnet die Tür! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Würde jemand unter euch denn seinem Kind einen Stein geben, wenn es ihn um ein Stück Brot bittet? Würde er ihm denn eine Schlange geb en, wenn es ihn um einen Fisch bittet?
So abgründig Vieles in euerem Herzen auch sein mag, so wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten! 

(Matthäus-Evangelium 7, 7-11)

Stein statt Brot, Schlange statt Fisch. Dass Eltern ihren kleinen Kindern Schlange mit Stein vorsetzen, wenn diese sie um etwas zu essen bitten, ist – Gott sei Dank – eher Stoff für Märchen als Realität. Kein seelisch halbwegs gesunder Vater und keine seelisch halbwegs gesunde Mutter käme auch nur auf den Gedanken. Dafür empfinden wir viel zu viel Liebe für unsere Kinder, ihr Hunger und ihre Bitten rühren uns an, wir wollen ihnen Gutes tun, sie stärken.

Jesus sagt: Genau so wie Euch geht es auch Gott. Auch Gott, euer liebender himmlischer Vater, lässt sich gerne bitten, er wartet mit offenen Armen und mit Händen voller guter Gaben.

Bittet, und Gott wird euch geben; sucht, und er lässt euch finden; klopft an, und er öffnet die Tür! Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Würde jemand unter euch denn seinem Kind einen Stein geben, wenn es ihn um ein Stück Brot bittet? Würde er ihm denn eine Schlange geb en, wenn es ihn um einen Fisch bittet?
So abgründig Vieles in euerem Herzen auch sein mag, so wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten! 

(Matthäus-Evangelium 7, 7-11)

In der Stille komme ich mit Gott darüber ins Gespräch, wie leicht oder schwer es mir fällt, Jesus diese Worte zu glauben.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.