Wie auch wir vergeben unsern Schuldigern

Lebens Liturgien

Folge 178

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Jesus schließt sein Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht überraschend unbarmherzig:

Da ließ sein Herr ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?‹ Und voller Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er ihm alles zurückgezahlt hätte, was er ihm schuldig war. So wird auch mein Vater im Himmel jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von Herzen vergibt.«

(Matthäus-Evangelium 18, 32-35)

War das Gleichnis am Anfang noch eine Erzählung, die vor Barmherzigkeit und Großzügigkeit geleuchtet hat, wird es hintenraus eng und bedrohlich. Es gibt eine ganze Reihe von Auslegern, die deshalb den Schluss des Gleichnisses nicht mehr Jesus zuschreiben, sondern Matthäus, dem Evangelisten.

Das löst für mich jedoch das sachliche Problem nicht, das hier verhandelt wird: dass nämlich Gottes Vergeben und unser Vergeben scheinbar irgendwie zusammenhängen. Beim Vaterunser taucht dieses Motiv nämlich ein zweites Mal auf, dort lehrt Jesus uns folgende Worte beten:

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“

Auch hier wieder: Gottes Vergeben und unser Vergeben scheinen eng miteinander zusammenzuhängen.

Nur wie? Kann es wirklich sein, dass Gott uns in einer Art Anfangs-Freundlichkeit gerne und vollständig alles vergibt, dann aber bei der kleinsten unversöhnlichen Regung unsererseits genau diese Schuld nun wieder unter der Ladentheke hervorholt und uns erneut auf die Seele lädt und uns zuruft:

›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?‹ Und voller Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er ihm alles zurückgezahlt hätte, was er ihm schuldig war.

(Matthäus-Evangelium 18, 32-34)

Ich persönlich glaube das nicht. Warum sollte Gott anfangs barmherzig, liebevoll und großzügig sein, dann aber bei Unbarmherzigkeit unsererseits auf einmal unbarmherzig und unversöhnlich?

Ich vermute ja: der Knackpunkt ist die Vergebung selbst. Empfangene Vergebung macht ihrem Wesen nach großzügig. Jesus erzählt das ja so eindrucksvoll zu Beginn seines Gleichnisses: unsere Schuld unendlich groß, die Großzügigkeit und Vergebungsbereitschaft Gottes allerdings noch größer. Dass ein auf solche Weise begnadeter, beschenkter und von aller Schuld befreiter Mensch leicht und froh und dankerfüllt hingeht und anschließend mit hartem Herzen einen anderen, viel kleineren Schuldner attackiert, ist schlicht absurd. Eine unmögliche Möglichkeit.

Wenn wir uns in unserem Leben schwer damit tun, anderen Menschen zu vergeben (oder vergeben zu wollen), dann scheint mir die Ursache dafür zu sein, dass wir selbst noch zu wenig erlösende und befreiende Vergebung von Gott erbeten und empfangen haben. Denn zum Wesen von empfangener Vergebung gehört, dass sie uns das Herz weitet und befreit. Wenn ich um meine eigenen Abgründe weiß und genau in diese Abgründe hinein Gottes gute Vergebung empfangen habe, dann kann ich einem anderen Menschen die Vergebung doch eigentlich gar nicht verweigern wollen. Oder?

In der Stille komme ich mit Gott genau darüber ins Gespräch.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Folter und Zorn und so

Lebens Liturgien

Folge 177

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Bis hierhin mag ich das Gleichnis Jesu vom unbarmherzigen Knecht sehr: ich staune über die bedingungslose Großzügigkeit und Vergebung des Königs bzw. Gottes, ich bin sprachlos ob des absurden, unbarmherzigen Verhaltens des Dieners direkt im Anschluss, mein Herz wird weicher, vergebungsbereiter denen gegenüber, die an mir schuldig geworden sind.

Wäre da nur der Schluss nicht. Der Schluss bewirkt in mir eine Mischung aus Verunsicherung, Angst und Ärger:

Da ließ sein Herr ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?‹ Und voller Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er ihm alles zurückgezahlt hätte, was er ihm schuldig war. So wird auch mein Vater im Himmel jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von Herzen vergibt.«

(Matthäus-Evangelium 18, 32-35)

Jesus erzählt hier also vom Zorn Gottes und von seinen Folterknechten und schafft damit eine Art Drohkulisse. An anderen Stellen warnt er mehrfach vor dem Hinausgestoßen-Werden dorthin, wo Heulen und Zähneklappern herrschen.

Ich gebe zu: mir macht das Mühe. Jesus hat mich doch schon vorher. Ich will ihm schon folgen, bevor er mir mit der Hölle droht. Die ganz große Drohkulisse, die vor allem im Matthäusevangelium immer wieder durchscheint, entfernt mein Herz eher von Jesus als dass es mich zu ihm hinzieht: all das Drohen und Schnauben lässt mich eher vorsichtig werden und distanziert. Dadurch wächst höchstens meine Angst vor Gott, keinesfalls meine Liebe und mein Vertrauen zu ihm.

Ich selbst tröste mich mit der Erkenntnis, dass Jesus in den Evangelien oft barmherziger handelt als er redet. Am wunderbarsten wird das für mich an seinem Umgang mit Petrus deutlich. Einige Monate vor seinem Tod sagt Jesus an einer Stelle: „Wer sich hier auf der Erde vor den Menschen zu mir bekennt, den werde ich auch vor meinem Vater im Himmel bekennen. Und wer mich hier auf der Erde verleugnet, den werde ich auch vor meinem Vater im Himmel verleugnen.“ (Matthäus 10,32f.) Später, nur wenige Stunden vor seiner Gefangennahme kündigt Jesus Petrus dann sogar an, dass Petrus ihn verleugnen wird. Und tatsächlich: allem guten Willen zum Trotz verleugnet Petrus seinen Freund und Herrn – vermutlich aus Angst – dreimal. Statt nun aber Petrus vor seinem himmlischen Vater zu verleugnen, lädt Jesus Petrus zu einem Auferstehungs-Frühstück am Seeufer ein und beruft und beauftragt Petrus für das nun beginnende Zeitalter der Kirche (so erzählt es das Johannesevangelium im letzten Kapitel).

Da ließ sein Herr ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?‹ Und voller Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er ihm alles zurückgezahlt hätte, was er ihm schuldig war.

(Matthäus-Evangelium 18, 32-34)

In der Stille komme ich mit Gott ins Gespräch, welches Bild ich von ihm habe.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Absurd

Lebens Liturgien

Folge 176

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Hört dieses Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern abrechnen wollte, die seine Güter verwalteten. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente schuldete. Und weil er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös die Schuld zu begleichen. Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat auf den Knien: ›Hab Geduld mit mir! Ich will dir alles zurückzahlen.‹ Da hatte der Herr Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld erließ er ihm.

(Matthäus-Evangelium 18,23ff.)

Helmut Thielicke schreibt: „Wie mag dieser Mann nun weggegangen sein? Vorher war er ein gedrückter Mensch. Das beklemmende Wissen darum, dass einmal die Abrechnung kommen müsste, begleitete ihn auf Schritt und Tritt. Das ließ die kostbaren Teppiche, die er sich für die veruntreuten Millionen angeschafft hatte, unter seinen Füßen brennen, das gab dem Champagner eine ätzende Säure und ließ ihn mitten in der Nacht mit kaltem Schweiß erwachen. Und nun war das alles wie weggeblasen: die Angst, die Scham, die Gewissensnot. Er hatte die unaussprechliche Güte des Königs erfahren (…) – ein Rausch der Freude und der Erleichterung (…). Jetzt erst wusste er, was Leben heißt.“

Und tatsächlich, irgendwie so muss er sich gefühlt haben, der frisch entschuldigte und frisch entschuldete Diener. Oder doch nicht?

Kaum war der Mann zur Tür hinaus, da traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte ihn an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Bezahle, was du mir schuldig bist!‹ Da warf sich der Mann vor ihm nieder und flehte ihn an: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir zurückzahlen‹. Er aber wollte nicht darauf eingehen, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, wo er so lange bleiben sollte, bis er ihm die Schuld zurückgezahlt hätte. Als das die anderen Diener sahen, waren sie entsetzt.

(Matthäus-Evangelium 18, 28-31)

Was Jesus hier von diesem Diener erzählt, macht sprachlos. Es ist zu … absurd. Zu unmöglich. So kann ein Mensch doch nicht handeln? Oder?

Und doch – so verstehe ich Jesus hier – handeln WIR jedes Mal auf die gleiche Weise wie der Diener, wenn wir einem anderen Menschen seine Schuld und seine Verfehlungen nicht vergeben, sie nachtragen, im Herzen sammeln, und mit Groll und Bitterkeit vermischen. Wenn wir so handeln, gelten auch uns die Worte aus dem Mund des Königs:

Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?

(Matthäus-Evangelium 18, 32-33)

Wenn wir spüren, dass wir einem Menschen seine Schuld uns gegenüber nicht vergeben wollen oder können, liegt das meist an einem falschen inneren Fokus: wir meditieren die Schuld unseres Gegenübers zu stark und die Vergebung Gottes uns gegenüber zu wenig. Wir geben der Schuld unseres Gegenübers zu viel Raum und der Vergebung Gottes uns gegenüber zu wenig Raum.

In der Stille drehe ich das um und lasse meine Gedanken ganz um die Vergebung Gottes kreisen.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Alles vergeben

Lebens Liturgien

Folge 175

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Da fragte Petrus: „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt? Siebenmal?“
„Nein“, gab Jesus zur Antwort, „sondern siebzigmal siebenmal.“. 
Hört dieses Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern abrechnen wollte, die seine Güter verwalteten. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente schuldete. Und weil er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös die Schuld zu begleichen. Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat auf den Knien: ›Hab Geduld mit mir! Ich will dir alles zurückzahlen.‹ Da hatte der Herr Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld erließ er ihm.

(Matthäus-Evangelium 18,21ff.)

Zehntausend Talente sind eine unfassbar große Menge Geld. Im griechischen Urtext ist von zehn sog. „myrioi“ die Rede: „myrioi“ war der höchste Wert im damaligen Zahlensystem. Es geht hier also um eine Schuld in märchenhafter Höhe. Aus diesem Grund kann Jesus mit dem Wort „Diener“ auch keinen Haus-und-Hof-Knecht meinen, sondern eher so etwas wie einen obersten Verwaltungsbeamten oder Minister. Möglicherweise verwaltete dieser Minister-Diener eine große Provinz inklusive ihrer Steuereinnahmen und hatte große Summen davon in die eigene Tasche wandern lassen.

Jesus lässt das alles jedoch unerzählt und konzentriert sich auf einen einzigen Punkt: die gewaltigen Schulden. Schulden, die so groß sind, dass der Minister-Diener sie niemals wird zurückzahlen können – was eben bedeutet, dass sein gesamter Besitz an den König fällt und auch er selbst und seine Familie zu Besitz werden.

Wie in der letzten Folge gehört, erzählt Jesus dieses Gleichnis im Kontext von Schuld und Vergebung. Petrus hat ihn nach den Grenzen von eigenem Vergeben-Müssen gefragt, Petrus hängt in dieser Thematik also ganz in sich selbst fest, sieht nur sich selbst: seinen eigenen Willen und seine eigene Fähigkeit zu vergeben. Jesus beginnt deshalb von einem wesentlich Größeren zu erzählen und hebt damit den Blick von Petrus (und auch unseren eigenen) auf zu Gott. Zu dem, der uns gemacht hat. Der uns das Leben geschenkt hat. Ohne den wir nichts wären. Von dem alles Leben und jede gute Gabe kommt – und dem wir doch im Laufe unseres Lebens so vieles schuldiggeblieben sind an Dank, Vertrauen, Gehorsam, Großzügigkeit und so vielem mehr.

Der Minister-Diener versucht denn auch gar nicht, seine Schuld zu leugnen. In seiner Verzweiflung fällt er vor dem König nieder, bittet um Zahlungsaufschub und verspricht etwas, was er nicht halten kann: die Rückzahlung der gesamten märchenhaft großen Schuld. Doch wie sollten wir Menschen Gott die über Jahrzehnte angelaufenen Schulden zurückzahlen? Mit was wollen wir all die dunklen und lebenszerstörerischen Gedanken, Worte und Taten unseres Leben wiedergutmachen?

Da geschieht das Unglaubliche: der König erlässt ihm (und uns) – wie aus dem Nichts und ohne eine entsprechende Bitte – die komplette Schuld. Die Tatsache, dass der Minister anschließend frei aus dem Palast tritt, zeigt, dass der König ihm nicht nur die Schulden erlässt, sondern auch seine Schuld, sein Fehlverhalten, seine Untreue. Alles vergeben. Weg. Der Minister ist frei.

In der Stille genieße ich die alles übersteigende Großzügigkeit und Gnade Gottes in meinem Leben – und danke ihm dafür.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Grenzen?

Lebens Liturgien

Folge 174

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

(Aus Matthäus, Kapitel 5-7)

Da fragte Petrus: „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt? Siebenmal?“
„Nein“, gab Jesus zur Antwort, „sondern siebzigmal siebenmal.“. 

(Matthäus-Evangelium 18,21f.)

Das ist … eine interessante Frage des Petrus:

Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt? Siebenmal? 

Was mag Petrus zu dieser Frage getrieben haben? Ich vermute: Petrus hatte einen Gemeinschafts-Durchhänger. So viele Monaten war er mit seinen elf Mitjüngern bereits unterwegs, auf engstem Raum. Keinen einzigen seiner Gefährten hatte er sich ausgesucht und jeder von ihnen hatte verdammt anstrengende Seiten. Dazu das ständige Unterwegs-Sein, die Hitze, die Armut, Müdigkeit, Erschöpfung: da wird es das ein oder andere Mal mächtig geknallt haben, vielleicht sogar immer wieder mit derselben Person. Wer solche wuchtigen, sich ständig wiederholenden Konflikte kennt, kann Petrus‘ Frage mehr als nachvollziehen.

Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er immer wieder gegen mich sündigt?

Ich höre in dieser Frage sogar noch mehr als „nur“ die Frage nach den Grenzen der Vergebung. Ich höre darin zugleich die Frage nach den Grenzen dessen, was es bedeutet, in Gottes Reich zu leben. Muss es nicht irgendwann auch mal gut sein dürfen mit all der Großzügigkeit, dem Vergeben, dem Beten und Lieben? Muss es wirklich immer nach Gottes Vorstellungen gehen? Haben wir nie frei? Können wir zwischenrein nicht auch mal wieder auf das alte innere Programm umschalten und tun, was Menschen eben so tun?

Petrus fragt nach den Grenzen des Reiches Gottes, nach den Grenzen der Nächstenliebe und der Gottesliebe, nach den Grenzen von Gehorsam, Vertrauen und Hingabe. Die Antwort Jesu auf diese Frage lautet so:

Hört dieses Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern abrechnen wollte, die seine Güter verwalteten. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente schuldete. Und weil er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös die Schuld zu begleichen. Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat auf den Knien: ›Hab Geduld mit mir! Ich will dir alles zurückzahlen.‹ Da hatte der Herr Mitleid mit seinem Diener; er ließ ihn frei, und auch die Schuld erließ er ihm.

Doch kaum war der Mann zur Tür hinaus, da traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte ihn an der Kehle, würgte ihn und sagte: ›Bezahle, was du mir schuldig bist!‹ Da warf sich der Mann vor ihm nieder und flehte ihn an: ›Hab Geduld mit mir! Ich will es dir zurückzahlen‹. Er aber wollte nicht darauf eingehen, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, wo er so lange bleiben sollte, bis er ihm die Schuld zurückgezahlt hätte. Als das die anderen Diener sahen, waren sie entsetzt. Sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles.

Da ließ sein Herr ihn kommen und sagte zu ihm: ›Du böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du da mit jenem anderen Diener nicht auch Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?

(Matthäus-Evangelium 18, 23-33)

In der Stille lasse ich die Frage von Petrus nach den Grenzen des Reiches Gottes und die Antwort Jesu auf mich noch einmal wirken.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

„da verkaufte er alles“

Lebens Liturgien

Folge 173

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

Aus Matthäus, Kapitel 5-7

Das Faszinierende und Wunderbare an Gott ist ja, dass er sich partout und unter keinen Umständen davon abhalten lässt, uns immer wieder neu zu suchen, zu beschenken, uns zu vergeben und zurecht zu helfen. Gott ist weder willens noch fähig, uns achselzuckend aufzugeben, wenn wir selbstverschuldet auf abschüssige Bahnen oder in lebensfeindliches Gebiet geraten. Gottes Gnade, seine Gegenwart, seine Vergebung und Rettung empfangen wir stets gratis, voraussetzungslos, oft entgegen allem, was wir verdient haben.

Dass wir von Gott gefunden werden, ist also gratis. Mit ihm gemeinsam zu leben, in seiner Gegenwart zu bleiben, in seinem Reich heimisch zu werden, kostet jedoch:

Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte dafür diese eine Perle. 

Matthäus-Evangelium 13,46

Dass wir von Gott gefunden werden, ist gratis. Mit ihm gemeinsam zu leben, in seiner Gegenwart zu bleiben, in seinem Reich heimisch zu werden, kostet jedoch bisweilen alles: also alles, was seinem guten Reich entgegensteht. In Gottes gutem Reich zu leben, kostet zum Beispiel Kontrolle und Ego. Als Reich-Gottes-Mensch verschenke ich mich, mein Leben und meine Pläne vertrauensvoll an Gott. Ich frage bewusst nach seinen Gedanken, seinem Wollen, nach dem, was von ihm her jetzt in mir und durch mich Gestalt gewinnen soll. Ich öffne mich für seinen Heiligen Geist und lasse mich von ihm formen und leiten.

Unzählige Male habe ich bereits erlebt, welch transformierende Reich-Gottes-Kraft in einem solchen Lebensstil liegt: wie dadurch Schönheit, Heilung, Glaube und Hoffnung einziehen in das Leben von anderen Menschen – und zugleich Frieden, Sinn und Freude in mein eigenes Leben.

Ich kenne aber auch den Kampf, den es mich bisweilen kostet, von meinen eigenen Plänen und meinem eigenen Wollen abzulassen: mich selbst loszulassen, wenn ich merke, dass Gott gerade anderes will. Die alten Wüstenväter haben das so genannt: „den eigenen Willen in den Tod geben.“ Jesus hat es so beschrieben: „Wenn jemand mein Jünger sein will, dann muss er sich selbst verleugnen. Nur wer sein Leben hingibt um meinetwillen, wer sein Leben an mich verschenkt, der wird es finden.“ (nach Mt 16,24f.)

Im Reich Gottes zu leben, ist also kostspielig: es kostet uns bisweilen gewaltige Summen an Gehorsam, Vertrauen und Liebe. Aber der Schatz ist es mehr als wert. Wir brauchen uns nur die beiden Gesichter des Tagelöhners und des Kaufmanns anschauen. Da sind weder Bedauern noch Gram noch freudloses Pflichtgefühl erkennbar, sondern Freude. Reine Freude.

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte.

Matthäus-Evangelium 13, 44-45

In welchem Bereich versuche ich aktuell verbissen – Gott und anderen Menschen gegenüber – meinen Eigenwillen durchzusetzen? In der Stille lasse ich ihn vertrauensvoll los, meinen Eigenwillen, und verschenke mich an Jesus und sein gutes Reich.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Offen für alle

Lebens Liturgien

Folge 172

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

Aus Matthäus, Kapitel 5-7

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte. Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte dafür diese eine Perle. 

Matthäus-Evangelium 13, 44-46

Auf den ersten Blick wirkt vieles gleich bei diesem extrem knappen Doppelgleichnis Jesu: zwei Menschen stoßen auf etwas sehr, sehr Wertvolles und geben alles her, um sich dies zu beschaffen.

Beim zweiten Hinschauen entdeckt man aber auch große Unterschiede. Der Acker-Mensch ist vermutlich ein Tagelöhner, der auf einem fremden Acker mehr schlecht als Recht sein Geld verdient und gerade so durchkommt. Der andere ist ein Großkaufmann mit Verbindungen in die große weite Welt. Und während der Tagelöhner scheinbar durch Zufall auf seinen Schatz stößt (vielleicht beim Pflügen), durchkämmt der Kaufmann strategisch alle möglichen Orte, immer auf der Suche nach einer besonders wertvollen Perle.

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte. Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte dafür diese eine Perle. 

Matthäus-Evangelium 13, 44-46

Was Jesus mit dieser Kontrastierung erzählen will, ist wohl: das Reich Gottes, die Nähe Gottes steht allen Menschen offen. Den Reichen genauso wie den Armen. Denen, die eher durch Zufall über Gott stolpern genauso wie denen, die schon lange und sehnsuchtsvoll nach Gott suchen.

Wie war das bei mir? Bin ich eher durch Zufall über Gott und sein Reich gestolpert? Oder war da schon länger ein Sehnen, ein Suchen, ein inneres Drängen? In der Stille danke ich Gott für das Finden dürfen.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Verborgen

Lebens Liturgien

Folge 171

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Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass und wie Gottes Reich kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Und er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen in diese Geschichten – und in das Kommen seines Reiches.

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

Aus Matthäus, Kapitel 5-7

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte.. 

Matthäus-Evangelium 13, 44-45

Früher waren verborgene Schätze etwas ziemlich Normales. Denn: so etwas wie Banken gab es für die allermeisten Menschen nicht – und auch keine einbruchsicheren Häuser. Wohl aber gab es Kriege, Plünderungen, Raubüberfälle und große Feuer. Wer also Geld zur Seite legen wollte oder wertvolle Gegenstände besaß, der hatte wenig Alternativen zum Vergraben. Wenn nun ein Krieg mit Mord, Totschlag und Vertreibung kam oder Menschen aus sonstigen Gründen plötzlich verstarben, wurden manche Schätze nicht mehr gehoben und gerieten in Vergessenheit. Es kam tatsächlich gar nicht so selten vor, dass Menschen – zufällig oder mit Absicht – auf einen Schatz stießen, der in einem Acker vergraben war.

Von solch einem Zufallsfund erzählt Jesus hier und vergleicht das Erzählte mit Gottes Reich. Dass er das Reich Gottes mit einem Schatz vergleicht, überrascht dabei weniger, als dass dieser Schatz verborgen ist. Jesus erzählt – wenn auch nur kurz, leicht, in einer Nebenbemerkung – von der Verborgenheit des Reiches Gottes.

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war …

Matthäus-Evangelium 13, 44

Und tatsächlich ist für viele von uns die größte Zumutung, dass Gott und sein Reich so wenig sichtbar und beweisbar sind. Gott und sein Wirken sind so furchtbar uneindeutig.

Schon in unserem Leben scheint sich Gott ja von Zeit zu Zeit zu verbergen. Und selbst Wundertaten und andere klare Liebesbeweise Gottes verlieren in unserer Erinnerung nach einiger Zeit an Farbe und innerer Überzeugungskraft.

Noch viel uneindeutiger sind Gott und sein Reich für Menschen von außerhalb. Wo wir Gott am Werk sehen, sehen Menschen von außerhalb nur Zufall. Wo wir für unsere Kirchen und Gemeinden Gottes Reich erbitten und immer wieder auch erleben, sehen Menschen von außerhalb vor allem Missbrauch, verknöcherte Strukturen und eine Mittelalter-Kirche voller Kreuzzüge.

Gott und sein Reich sind also verborgen. Wir brauchen Gottes liebevolles Mittun, wenn wir ihn und sein Reich finden wollen. In seinem Epheserbrief betet Paulus für die Epheser deshalb, „dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus euch durch seinen Geist Weisheit gibt (…), dass ihr ihn erkennen könnt. Er gebe Eurem Herzen erleuchtete Augen.“ (Epheser 1, 17-18)

In der Stille bitte ich Gott um solch erleuchtete Augen des Herzens – für mich selbst und eine andere Person, die mir wichtig ist. Möge Gott uns bei unserem Suchen und Finden leiten.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Freude

Lebens Liturgien

Folge 170

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

Aus Matthäus, Kapitel 5-7

Was bringt Menschen eigentlich dazu, Gottes Reich zu suchen und seine Gerechtigkeit? Die Liebe Jesu zu verkörpern: in Wort und Tat? Für andere zu beten? Großzügig zu geben? Frieden zu stiften?

Ist es Pflicht, Auftrag, Gesetz? Braucht es heroischen Kraftaufwand?

Jesus erzählt anders davon:

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte. Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte dafür diese eine Perle.

Matthäus-Evangelium 13, 44-46

Wenn ich versuche, mir die beiden Finder vorzustellen, sehe ich vor Glück leuchtende Gesichter und eine tiefe Begeisterung. Beide sind hingerissen vom Glanz des Schatzes und dem Schimmern der Perle. Beide sind tief ergriffen von der Ahnung, dass dieser Fund eine einmalige Gelegenheit ist, ein Wendepunkt ihres Lebens. Mit beinahe schwereloser Leichtigkeit und einer tiefen inneren Freude verkaufen sie, was sie besitzen und setzen alles auf eine Karte.

Was bringt Menschen dazu, Gottes Reich zu suchen und seine Gerechtigkeit? Die Liebe Jesu zu verkörpern: in Wort und Tat? Für andere zu beten? Großzügig zu geben? Frieden zu stiften?

Es ist die Freude. Die Freude darüber, wie kostbar, gut und durch und durch erstrebenswert dieses himmlische Reich ist. Es ist das tiefe Begreifen, dass Gerechtigkeit, Liebe, Großzügigkeit und Demut so kostbar sind wie nichts sonst. Dass Gott selbst, dass Christus selbst so kostbar ist wie nichts sonst.

Der alte Kirchenvater Augustinus erzählt von seinem beglückenden Perlen-Fund so:

Spät habe ich Dich geliebt, o göttliche Schönheit,
so uralt und so neu, spät habe ich Dich geliebt!
Und siehe, Du warst in mir.
Ich aber suchte Dich draußen,
stürzte mich in meiner Hässlichkeit
auf die schönen Dinge dieser Welt.
Du warst bei mir,
ich aber war nicht bei Dir.
Da riefst du laut und lauter und durchbrachst meine Taubheit.
Da schimmertest du strahlend und strahlender und zerschlugst meine Blindheit.
Du hast mich in deinen Wohlgeruch eingehüllt.
Ich habe dich eingeatmet und nun sehne ich mich nach dir.

In der Stille gebe meiner Freude an Gott, meiner Liebe zu ihm und meiner Sehnsucht nach ihm Raum.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

Stärker

Lebens Liturgien

Folge 169

Alle Folgen

Herzlich Willkommen zu LebensLiturgien, Staffel 5: „Gleichnisse – wie Gottes Reich kommt“. Denn das ist das große Thema von Jesus: dass Gottes Reich kommt, wie es kommt und wie es in ihm zugeht. In immer neuen Geschichten und Vergleichen bringt Jesus uns und unsere Welt in Berührung mit Gottes beglückend-irritierend-anderer Welt. Er erzählt dazu von Einbrechern, Weingärtnern und Witwen, von Weizenkörnern, Sauerteig, Reichtum und plötzlichem Tod. In den LebensLiturgien lassen wir uns von Jesus mit hineinnehmen: in diese Geschichten und in das Kommen seines Reiches, seiner Wirklichkeit

Zu Beginn lasse ich es ruhig werden in mir.

Ich atme langsam und bewusst.

Du, Herr, bist hier. Jetzt. In diesem Moment. Und in meinem Herzen.
Du, Herr, bist nah. Näher als mein Atem und mein Herzschlag. Näher als ich mir selbst bin.
Du, Herr, bist Wirklichkeit. Wirklicher noch als alle Freude, Schmerz oder Sorge.
Du, Herr, bist hier. Jetzt. Und schaust mich liebevoll an.

Wir hören Worte, in denen Jesus Gottes Reich beschreibt – und wie wir in ihm leben können.

Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen und die Friedensstifter. Denn sie werden die Erde besitzen und Kinder Gottes genannt werden.

Verzichtet also darauf, Böses mit Bösem zu vergelten. Haltet lieber die andere Wange hin.

Betet, dass Gottes gutes Reich kommt und sein Wille geschieht. Trachtet immer und überall zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit – dann wird Gott euch alles Übrige dazugeben.

Sorgt euch um nichts! Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde. Fragt euch nicht ständig: „Was wollen wir essen, anziehen oder kaufen?“ Sammelt euch lieber Schätze im Himmel und teilt, was Ihr habt, mit den Armen.

Wenn Ihr betet, tut es mit einfachen, ehrlichen Worten. Und wenn Ihr anderen Gutes tut, dann tut es mit Demut und Liebe.

Verurteilt und richtet niemanden, denn selig sind die Barmherzigen und die, die arm sind vor Gott.

Aus Matthäus, Kapitel 5-7

Und noch ein kleines, kurzes Gleichnis Jesu ist voll von Selbstvertrauen und Siegesgewissheit mit Blick auf das Kommen des Reiches Gottes. Der Kontext ist folgender: die damalige religiöse Elite beschuldigt Jesus, seine Zeichen und Wunder mithilfe dunkler Mächte zu vollbringen, sie wollen einen Schatten werfen auf Jesu Wirken. Jesus selbst spiegelt seinen Anklägern in einem ersten Anlauf die Absurdität ihrer Vorwürfe. Er fragt: „Wie kann denn Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich mit sich selbst im Streit liegt, kann es nicht bestehen. Und eine Familie, die sich zerstreitet, zerfällt.“ (Markus 3,23-25)

In einem zweiten Anlauf zeichnet Jesus dann von sich selbst und vom Reich Gottes ein zuversichtliches, kraftvolles, selbstbewusstes Bild:

Nie und nimmer kann jemand in das Haus des Starken eindringen und ihm seine Habe rauben, wenn er nicht zuerst den Starken gefesselt hat. Dann erst kann er sein Haus ausrauben.

Markus-Evangelium 3, 23-25

Worauf Jesus hier anspielt, ist das Phänomen des sog. „Sozialbanditentums“, das es damals auch in Israel gab. Völlig verarmte Menschen taten sich zusammen und überfielen die Anwesen von Reichen, um sie auszuplündern. Zuerst wurde der Widerstand der Wächter gebrochen, dann der Besitzer gefesselt oder umgebracht und schließlich der gesamte bewegliche Besitz weggebracht.

Jesus vergleicht sein Kommen, seine Worte, seine Heilungen und seine Dämonenaustreibungen also mit einer solchen Räuberbande, die es schafft, in das gut gesicherte Haus eines reichen, mächtigen Mannes einzudringen und den Herrn des Anwesens zu überwältigen. In dem Wort „Haus“, das Jesus hier verwendet, schwingt bei dieser gewagten Erzählung sogar noch etwas wesentlich Größeres mit, das Wort „Haus“ kann in anderen biblischen Zusammenhängen auch so etwas wie Dynastie oder Staatswesen bedeuten. Jesus erzählt seine eigene Mission, sein eigenes Wirken also so, dass er gekommen ist, um den vielfältigen dunklen und lebensbedrohlichen Mächten entgegenzutreten und in die Teufelskreise und Abwärtsspiralen seiner und unserer Zeit einzubrechen und diese aufzubrechen, um Heilung, Versöhnung, Hoffnung und Zukunft zu bringen.

In der Stille trete ich vor Gott für eine Person ein, deren Leben sich in einer Abwärtsspirale befindet, in einem Teufelskreis, und bitte Jesus für diese Person um Heilung, Hoffnung und Zukunft.

Freiraum

Ich gehe in diesen Tag in dem Vertrauen und mit der Bitte, dass Gottes Reich kommt:

Herr, mein Gott, öffne meine Augen für deine Wirklichkeit:
für das, was du tust und für das, was du heute durch mich tun willst.
Lass dein Reich kommen und deinen guten Willen geschehen –
wie im Himmel, so in unseren Parlamenten und den Konzernzentralen unserer Wirtschaft genauso wie in unseren Schulen, Gefängnissen, Altersheimen und Kirchen.
Und natürlich auch in meinem Leben.
Sende zu all dem deinen Heiligen Geist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.